Antje Toennis
Bankangestellte bei der GLS Bank
Expertin für Steuer- und Finanz-Fragen
Wie kann man Pestizide besteuern?
Antje Toennis verrät: Was für Gestalungsmöglichkeiten hat die Politik, um den Umfang der Pestizidnutzung zu beschränken? Welche Bedeutung spielt dabei die Steuerpolitik?

Kurzantwort
Könnten Steuern helfen Pestizid-Nutzung zu reduzieren?

Steuern sind nicht nur Einnahme für den Staat. Mit Steuern kann man Verhalten steuern. Wenn die Nutzung von Pestiziden einer dynamischen Besteuerung unterliegen würde, könnten erhebliche Mengen an Pestiziden eingespart werden, die nie auf den Äckern landen.
Langantwort
Gibt es Modelle, die vorhersagen, welche konkrete Steuer welche Pestizidreduktion bewirken könnte?
Die Modelle sind Hochrechnungen, die sich anhand von Verhaltensmodellen orientieren und dem der Gedanke zugrunde liegt, dass die Bauern den höchsten Gewinn erzielen wollen. Falls die Nutzung von Pestiziden dynamisch besteuert würde und mit zunehmender Nutzung immer teurer würde, so würde sich der Bauer immer mehr Gedanken darüber machen, ob das zusätzliche Ausbringen von Pestiziden einen merkantilen Mehrwert bringt. Er wird irgendwann zu dem Schluss kommen, dass der Zugewinn an mehr Ertrag nicht im Verhältnis steht zu der Mehrbelastung durch die Besteuerung von Pestiziden. Damit hat er einen Anreiz sein Verhalten zu kontrollieren und möglichst wenig Pestizide einzusetzen.
Der Vorteil dieses Besteuerungsansatzes ist, dass Folgekosten der Gesellschaft durch ausgebrachte Pestizide durch die Steuereinnahmen aufgefangen werden könnten und ein realistischer Preis für die Nutzung von Pestiziden erreicht werden kann. Dafür muss die Besteuerung an den verursachten Schäden festgemacht werden. Zu den Folgeschäden zählen alle Kosten, die zur kompletten Reduktion der Pestizide in der Umwelt vorgenommen werden müssen.
Können Steuern den Pestizideinsatz nachweislich reduzieren?
Dass eine Pestizidsteuer nachweislich den Pestizideinsatz reduzieren kann, zeigen zahlreiche europäische Beispiele: In Dänemark sorgte die Pestizidsteuer von rund 30 Prozent des Marktpreises zwischen 2012 und 2018 für einen Rückgang der Bodenpestizidbelastung um 40 Prozent. In Schweden sorgte die Pestizidsteuer in Höhe von 35 Prozent im Zeitraum von 1980 bis 1995 sogar für einen Rückgang des Pestizideinsatzes um 60 Prozent. Diese und auch die Steuermodelle aus Frankreich und Norwegen zeigen: Die durchdachte Besteuerung von Pestiziden mit besonderer Rücksicht auf die Toxizität für Mensch und Umwelt ist ein wirksames Instrument gegen deren übermäßigen Einsatz.
Nicht vergessen
- Steuern können Verhalten steuern
- zur Berechnung der Steuerhöhe müssen alle Folgekosten der Nutzung von Pestiziden einberechnet werden.
- eine dynamische Besteuerung würde übermäßiges Nutzen von Pestiziden übermäßig besteuern und damit unterbinden.
DAS FAZIT
Meinung von Expertin
Antje Toennis


Steuern sind unangenehm. Doch als Gestaltungsinstrument der Politik können sie für die Umwelt und unsere Gesundheit eine positive Wirkung haben. Dafür muss sie kreativ genutzt werden und darf sich nicht vor Lobbyinteressen verstecken. Politik muss positives Verhalten fördern und negatives verteuern. Pestizide haben immer Folgen für die Natur und damit sollte die Nutzung eingedämmt werden. Steuern sind ein neues, aber sehr wirkungsvolles Instrument dazu. Im Gegenzug könnten andere Steuern reduziert werden, die sich zum Beispiel am Gewinn des Unternehmens orientieren. Denn gesellschaftlich erwünscht ist nicht, dass ein Bauer möglichst viel von seinem Gewinn abgibt, sondern, dass er möglichst wenig negative Eingriffe in die Natur vornimmt und vor allem nachhaltig agiert.
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