Auch wenn wir über Mikronährstoffe meist weniger wissen, weil weniger entsprechende Studien existieren, beziehungsweise die Qualität dieser fragwürdig ist, ist Coenzym Q10 ohne Frage ein spannender Stoff, der allerlei Anwendungsmöglichkeiten besitzt. Dabei hat es noch viel mehr drauf, als nur den Energiestoffwechsel zu unterstützen. Meiner Meinung nach, ist Q10 für fast alle geeignet und eine gute Möglichkeit, die eigene Gesundheit zu unterstützen.
Mitochondrien werden oft als "Energiekraftwerke der Zellen" bezeichnet, da von ihnen über 90 Prozent der Energie produziert werden, die wir tagtäglich brauchen. Mitochondrien sind Bestandteile jeder einzelnen Körperzelle, in manchen Zellen finden sich sogar bis zu 100.000 Mitochondrien.
Die Kraftwerke nehmen dabei eine Sonderstellung in unseren Zellen ein, denn sie haben eine eigene Erbinformation. Unsere gesamte Erbinformation befindet sich ansonsten in unserem Zellkern, aber unsere Mitochondrien haben ebenfalls ein kleines Genom, das den Bauplan einiger mitochondrialen Proteine enthält und sie können diese Proteine auch selbst bilden. Sie sind also wie kleine abgekapselte Organismen innerhalb unserer Zellen und vermehren sich sogar selbstständig. Aber halten wir uns nicht länger mit der Biologie der Zellkraftwerke auf.
Die Hauptfunktion ist natürlich die Energieproduktion. Mitochondrien haben hierfür eine äußere Membran, eine Hülle, als Abgrenzung von der restlichen Zelle und eine innere, eingefaltete Membran, an der ein Teil der Energiegewinnung stattfindet.
Aber Mitochondrien haben noch viele weitere Funktionen. In den bohnenförmigen Zellbestandteilen findet auch ein Teil der Produktion von Cholesterin und Steroidhormonen statt. Steroidhormone sind beispielsweise Cortisol, das Stresshormon, sowie Testosteron und Östrogen, die Geschlechtshormone. Mitochondrien haben damit auch eine Funktion im Hormonstoffwechsel.
Außerdem sind Mitochondrien wichtig für die Zellregulation. Wenn eine Zelle zu alt oder krank ist, sollte sich diese am besten nicht mehr teilen, sondern lieber kontrolliert abgetötet werden. Für die Signalgebung innerhalb der Zelle sind Mitochondrien relevant. Wird der Zelltod, auch Apoptose genannt, eingeleitet, bilden sich Poren in den Mitochondrien und die austretenden Stoffe sind das Signal für den Zellabbau. Können keine Poren mehr gebildet werden, kann auch kein Zelltod stattfinden. Sie entartet dann möglicherweise und ist die Ausgangszelle für einen Tumor.
Warum solltest du deine Mitochondrien stärken – bekommt das dein Körper nicht alleine hin? Der alte Mythos, dass Mitochondrien nichts weiter als Zucker und Sauerstoff brauchen, ist leider falsch.
Deine Mitochondrien benötigen allerlei Vitamine, vor allem B-Vitamine, als Cofaktoren für die Energiegewinnung. Außerdem werden in den Zellorganellen eine Vielzahl an freien Radikalen gebildet, die neutralisiert werden müssen, damit das Mitochondrium und vor allem damit die Membranen gesund bleiben. Da mithilfe dieser die Energiegewinnung vonstattengehen kann, bedeutet eine kaputte Membran gleichzeitig auch einen gestörter Energiestoffwechsel. Mitochondrien-Gesundheit ist also absolut essenziell für einen funktionierenden Stoffwechsel und bedarf weit mehr als nur Zucker.
Wie auch sonst, bildet eine gesunde Ernährung die Basis für gesunde Mitochondrien. Besonders wichtig, wenn du deine Mitochondrien natürlich stärken möchtest, ist eine vitaminreiche Kost mit einer Vielzahl an Antioxidantien. Diese findest du in Gemüse und Obst, die viele sogenannte sekundäre Pflanzenstoffe enthalten.
Doch nicht nur das. Zusätzlich können bestimmte Ernährungsformen wie die ketogene Ernährung deine Mitochondrien-Funktion unterstützen. Bei der Keto-Diät werden Kohlenhydrate größtenteils gestrichen und stattdessen auf gesunde Fette und Protein gesetzt. Im Gegensatz zum Zuckerstoffwechsel findet der gesamte Fettstoffwechsel in den Mitochondrien statt. Damit werden deine Mitochondrien gefordert und aus dem Winterschlaf geholt.
Eine sehr zuckerreiche Ernährung kann dazu führen, dass deine Mitochondrien mehr freie Radikale produzieren, deine Zellgesundheit sich verschlechtert ist und der oxidative Stress zu einer Anfälligkeit für chronisch-entzündliche Erkrankungen führt (1). Im Umkehrschluss können deine Zellkraftwerke wiederum weniger arbeiten und das führt früher oder später unter anderem zu Schwäche, Müdigkeit und verminderter Leistungsfähigkeit.
Fassen wir zusammen: Eine gesunde, vitaminreiche Ernährung und das Vermeiden von Zucker ist eine gute Möglichkeit, deine Mitochondrien zu stärken. Doch gerade bei bereits eingeschränkter Mitochondrienfunktion oder aber, wenn der Bedarf besonders hoch ist, wie es bei Sportlern und vielen kranken Personen der Fall ist, reicht Ernährung alleine womöglich nicht mehr aus. Hier kommt dann unter anderem ein besonderer Stoff ins Spiel: Coenzym Q10.
Möchtest du deine Mitochondrien stärken? Hast du in diesem Zusammenhang schon einmal von Coenzym Q10 gehört? Q10, auch Ubichinon oder Ubiquinol genannt, ist ein körpereigener Stoff, der in Mitochondrien vorkommt und hier Teil des Energiestoffwechsels ist, genauer gesagt Teil der Atmungskette. Dieser Prozess ist der Teil des Stoffwechsels, bei dem der Großteil der Energie produziert wird. Coenzym Q10 nimmt hier eine unentbehrliche Rolle ein.
Obwohl Coenzym Q10 ein körpereigener Stoff ist, also nicht essentiell ist, können wir ihn von außen zuführen und sollten das in manchen Fällen sogar. Denn der spannende Stoff hat einige Wirkungen in deinem Körper. Welche?
Ubiquinol kommt in den Mitochondrien vor, diese wiederum sind Teil jeder Körperzelle. Außerdem zeigt sich, dass die Energiekraftwerke bei vielen Krankheiten inadäquat arbeiten und es wird vermutet, dass man den Krankheitsverlauf mit einer mitochondrien-orientierten Supplementierung möglicherweise verbessern kann (2). Die möglichen Effekte von Q10 halten sich also kaum in Grenzen. Das sieht auch die Wissenschaft so. Von Herz-Kreislauf-System über Erschöpfungserkrankungen oder Wirkung auf die Muskulatur bis hin zum Nervensystem wird alles untersucht – mit vielversprechenden Ergebnissen.
Es konnte gezeigt werden, dass viele Patienten mit Morbus Parkinson erniedrigte Q10 Spiegel aufwiesen (3) und dass zugeführtes Q10 bei diesen Personen eventuell den neurodegenerativen Prozess verlangsamt (4). Parkinson-Patienten haben also häufig einen Coenzym Q10 Mangel und sprechen daher oftmals auf eine Supplementierung an. Bei anderen neurodegenerativen Erkrankungen zeigt sich Coenzym Q10 auch als potenziell hilfreich.
Zudem zeigte sich Coenzym Q10 bei Migräne als wirksam. In einer wissenschaftlichen Arbeit von 2020 wurden mehrere klinische Studien ausgewertet, bei denen allesamt eine Reduktion der Anzahl an Migräneattacken festgestellt werden konnte (5). Auch schon 2002 wurde hierzu eine Studie durchgeführt, die nach 3-monatiger Supplementierung von Coenzym Q10 zu dem Ergebnis kam, dass über 90 Prozent der Teilnehmer eine Reduktion der Tage mit Migräne um 25 Prozent berichteten und über 60 Prozent der Patienten sogar von einer Reduktion um 50 Prozent profitieren (6).
Dein Herz pumpt selbst in Ruhe etwa 60-70 mal pro Minute. Hier spannt der Herzmuskel an, um das Blut in deinen Körper zu pumpen. Es ist nicht verwunderlich, dass auch in deinen Herzmuskelzellen jede Menge Mitochondrien und jede Menge Q10 vorkommen. Und tatsächlich, eine große klinische Studie konnte zeigen, dass Coenzym Q10 bei chronischer Herzinsuffizienz sowohl die Gesamtanzahl an Herz-Kreislauf-Vorfällen nach 2 Jahren als auch die Anzahl an Todesfällen im Vergleich zum Placebo reduzieren konnte (7).
Ob präventiv zur Verbesserung der eigenen Gesundheit oder als ergänzendes Supplement bei obigen Problematiken, Coenzym Q10 kann vielfältig angewendet werden. Die Dosierung weicht jedoch ab. Wie du Q10 am besten dosierst, erfährst du hier.
Typisch für präventive Zwecke sind Dosierungen variierend von 10 mg bis 100 mg. Das ist eine recht große Spannbreite. Um lediglich die Speicher aufzufüllen, reicht das vermutlich auch. Therapeutische Dosierungen sind allerdings meist höher und reichen von 100 mg bis zu 500 mg. Für die höchste, sichere Dosierung werden derzeit 1200 mg pro Tag angegeben (8,9). Auch bei einer höheren Zufuhr wurden zwar nicht unbedingt mehr Nebenwirkungen beobachtet, allerdings ist die Studienlage hier nicht aussagekräftig genug.
Außerdem positiv ist, dass die körpereigene Produktion von Q10 nach aktuellem Wissensstand nicht von der Supplementierung beeinflusst wird (9). Wegen der großen therapeutischen Breite und einem geringen Nebenwirkungsprofil gilt Coenzym Q10 als sehr sicher.
Wie bei eigentlich allen Wirkstoffen gibt es auch bei Coenzym Q10 natürlich Nebenwirkungen. Insgesamt werden aber auch bei hohen Dosierungen keine schweren Nebenwirkungen beobachtet. Bekannte Nebenwirkungen sind unter anderem Appetitverlust, Unwohlsein, Reizbarkeit und Hautausschlag. In klinischen Studien werden diese als leicht eingestuft, da Q10 im Vergleich zu einigen Medikamenten doch sehr wenige Nebenwirkungen aufweist. Alles in allem zeigt sich Coenzym Q10 also als sehr interessante Option in vielen Bereichen, egal ob Energiehaushalt, Herzgesundheit oder Psyche.
(1) Zhang, D., Jin, W., Wu, R., Li, J., Park, S. A., Tu, E., Zanvit, P., Xu, J., Liu, O., Cain, A., & Chen, W. (2019). High Glucose Intake Exacerbates Autoimmunity through Reactive-Oxygen-Species-Mediated TGF-β Cytokine Activation. Immunity, 51(4), 671–681.e5.
(2) Wesselink, E., Koekkoek, W. A. C., Grefte, S., Witkamp, R. F., & van Zanten, A. R. H. (2019). Feeding mitochondria: Potential role of nutritional components to improve critical illness convalescence. Clinical nutrition (Edinburgh, Scotland), 38(3), 982–995.
(3) Shults, C. W., Haas, R. H., Passov, D., & Beal, M. F. (1997). Coenzyme Q10 levels correlate with the activities of complexes I and II/III in mitochondria from parkinsonian and nonparkinsonian subjects. Annals of neurology, 42(2), 261–264.
(4) Shults, C. W., Oakes, D., Kieburtz, K. et al. (2002). Effects of Coenzyme Q10 in Early Parkinson Disease: Evidence of Slowing of the Functional Decline. Arch Neurol, 59(10), 1541–1550.
(5) Parohan, M., Sarraf, P., Javanbakht, M. H., Ranji-Burachaloo, S., & Djalali, M. (2020). Effect of coenzyme Q10 supplementation on clinical features of migraine: a systematic review and dose-response meta-analysis of randomized controlled trials. Nutritional neuroscience, 23(11), 868–875.
(6) Rozen, T. D., Oshinsky, M. L., Gebeline, C. A., Bradley, K. C., Young, W. B., Shechter, A. L., & Silberstein, S. D. (2002). Open label trial of coenzyme Q10 as a migraine preventive. Cephalalgia : an international journal of headache, 22(2), 137–141.
(7) Mortensen, S. A., Rosenfeldt, F., Kumar, A., Dolliner, P., Filipiak, K. J., Pella, D., Alehagen, U., Steurer, G., Littarru, G. P., & Q-SYMBIO Study Investigators (2014). The effect of coenzyme Q10 on morbidity and mortality in chronic heart failure: results from Q-SYMBIO: a randomized double-blind trial. JACC. Heart failure, 2(6), 641–649.
(8) Hathcock, J. N., & Shao, A. (2006). Risk assessment for coenzyme Q10 (Ubiquinone). Regulatory toxicology and pharmacology : RTP, 45(3), 282–288.
(9) Hidaka, T., Fujii, K., Funahashi, I., Fukutomi, N., & Hosoe, K. (2008). Safety assessment of coenzyme Q10 (CoQ10). BioFactors (Oxford, England), 32(1-4), 199–208.