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Malte Reupert

Malte Reupert

Inhaber und Geschäftsführer der Biomare GmbH in Leipzig

Experte für nachhaltigen Handel

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Torsten Gauger

Sind Lebensmittel ohne Pestizideinsatz teurer?

Malte Reupert studierte Landwirtschaft und Volkswirtschaftslehre. Er ist Inhaber und Geschäftsführer der Biomare GmbH in Leipzig und als solcher seit vielen Jahren überzeugter Bio-Lebensmittel-Händler. Malte Reupert setzt sich ein für die volle Transparenz über die Nachhaltigkeit von Produkten sowie von Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette. So untersucht er die Frage: “Ist Bio wirklich teurer?”
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    Die biologische Erzeugung von Lebensmitteln ohne den Einsatz chemisch-synthetischer Pestizide hat ihren Wert. Dieser zeigt sich jedoch nicht allein auf dem Preisschild, sondern vielmehr in einer Landwirtschaft, die ressourcenschonend, humusaufbauend sowie im Sinne intakter Ökosysteme und gesunder Menschen arbeitet.

    Wieso kosten Bio-Lebensmittel mehr?

    Ist Bio teurer

    Wer im Supermarkt einkauft, hat oft den Eindruck, dass Bio-Waren teurer sind als konventionell hergestellte Produkte. Das kann man jedoch nicht pauschal sagen. Und: Es ist zu unterscheiden zwischen dem, was der Kunde an der Kasse zahlt und dem, wie viel uns Produkte angesichts der Umweltauswirkung ihrer Herstellung tatsächlich kosten. Wer sich genauer damit beschäftigt, erkennt: Billig(er) ist nicht recht! So zeigt eine aktuelle Studie der Universität Augsburg mit dem Titel „How much is the dish – was kosten uns Lebensmittel wirklich?“, dass die konventionelle Produktion von Lebensmitteln in höherem Maße Umweltschäden verursacht als die Bio-Produktion. Die Kosten für diese Umweltschäden sind bisher noch nicht in den Laden-Verkaufswert der Produkte eingepreist – daher nennt man sie versteckte oder externe Kosten. Die Kosten für diese produktionsbedingten Umweltschäden zahlt also nicht der Kunde an der Kasse, sondern die Gesellschaft als Ganzes muss sie übernehmen.

    Konventionelle Produkte müssten deutlich teurer sein als sie es heute sind. Für Bio-Produkte wäre der Preisaufschlag durch Einpreisung externer Kosten sehr viel geringer.

    Warum ist Bio-Landwirtschaft umweltfreundlicher als konventionelle Landwirtschaft?

    Weil in der biologischen Landwirtschaft umweltschonend angebaut wird, ist der Arbeitsaufwand hier höher als in der konventionellen Landwirtschaft. Beikraut und an Feldfrüchten fressende Insekten etwa werden mechanisch reguliert. Es werden also keine chemisch-synthetischen Pestizide angewendet. Zudem werden im Bio-Anbau Fruchtfolgen eingehalten, die zur Regeneration des Ökosystems Boden und hier insbesondere zum Aufbau der Humusschicht beitragen. Weiterhin wird durch verschiedene Maßnahmen, wie etwa das Anlegen von Blühstreifen und Heckenpflanzungen, die Artenvielfalt gefördert. Damit verringert sich zwar die effektive Fläche, die für den Anbau von Marktfrüchten genutzt werden kann. Doch das ökologische Gleichgewicht wird gewahrt, indem die Ressourcen nachhaltig genutzt werden – damit der Anbau von Nahrungsmittelpflanzen auch in Zukunft noch möglich ist. Das ist im Interesse aller. Gleiches gilt für das Tierwohl, für das sich Bio-Bauern und Bio-BäuerInnen in besonderem Maße einsetzen. Ihr Ziel ist es, das Wohlbefinden und die Gesundheit der Tiere zu fördern und zugleich qualitativ hochwertiges Fleisch zu erzeugen. So haben Tiere in Bio-Betrieben – im Gegensatz zu ihren Artgenossen in vielen konventionellen Betrieben – genügend Platz für die Futteraufnahme und für Ruhezeiten. Tiere in Bio-Haltung haben zudem ausreichend Bewegungsmöglichkeiten, Auslauf im Freien und sie erhalten ein vollwertiges, art- und bedarfsgerechtes Futter. Entgegen der konventionellen Landwirtschaft verzichten Öko-Landwirte darauf, den Tieren vorbeugend Arzneimittel und Antibiotika zu verabreichen. Zur Behandlung von Krankheiten sollen in der ökologischen Tierhaltung bevorzugt Naturheilverfahren angewendet werden. 

    Warum verursacht die konventionelle Landwirtschaft höhere Mehrkosten für die Gesellschaft?

    Im konventionellen Pflanzenbau wird neben organischem Dünger auch mineralischer Stickstoffdünger eingesetzt. Durch Überdüngung kommt es zu Stickstoffeinträgen in Grundwasser, Oberflächengewässer, Böden und die Luft. Es werden zum Teil großflächig Monokulturen angebaut oder der Anbau erfolgt in engen Fruchtfolgen, was zu Humus-Abbau und Artenverlust führt. Im Anbau der Pflanzen werden zudem chemisch-synthetische Pestizide zur Bekämpfung von Beikraut, Fraß-Insekten und Pilzen angewendet, woraus sich Schäden für Umwelt und Gesundheit ergeben. In der konventionellen Landwirtschaft wird pro Stall oft eine große Anzahl an Tieren gehalten (= Massentierhaltung). Sowohl der Futteranbau als auch der Stallbetrieb sind energieintensiv. Zudem entstehen bedingt durch den Stoffwechsel der Tiere, insbesondere der Rinder, Treibhausgase in erheblichen Mengen. In der konventionellen Tierhaltung werden zudem Arzneimittel, Antibiotika und Hormone vorbeugend verabreicht. Auf diese Weise schadet die konventionelle Landwirtschaft unserer Umwelt, unserer Gesellschaft und unserer Wirtschaft. Die sich daraus ergebenden externen bzw. versteckten Kosten von Lebensmitteln müssen bei der Betrachtung von Lebensmittelpreisen einbezogen werden.

    Im direkten Vergleich belastet die konventionelle Landwirtschaft die Gesellschaft mit höheren Kosten als die biologische Landwirtschaft. Denn die konventionelle Landwirtschaft verursacht mehr Umweltschäden. Dazu zählen die Grundwasserverunreinigung mit Nitrat und der Ausstoß von Treibhausgasen, die wiederum den Klimawandel beschleunigen. Die konventionelle Landwirtschaft verursacht also mehr versteckte Kosten von Lebensmitteln als die ökologische Landwirtschaft. Versteckte Kosten zahlt nicht der Kunde an der Kasse, sondern die ganze Gesellschaft muss dafür aufkommen.

    Für den Kunden an der Kasse erscheint Bio zwar teurer, für die Gesellschaft im Ganzen und auf Dauer ist die biologische Landwirtschaft jedoch günstiger als die konventionelle Landwirtschaft.

    Um wie viel Prozent sind Bio-Lebensmittel teurer?

    Es gibt zwar Berechnungsbeispiele dafür, doch damit kann die Frage nicht umfassend und nicht pauschal beantwortet werden. Bei einer punktuellen Betrachtung von Bio- und konventionellen Produkten ermittelte beispielsweise die FAZ im Jahr 2016, dass die Preise für Bio-Lebensmittel ungefähr 75 % über denen von konventionellen Lebensmitteln liegen. Dieser Berechnung zugrunde gelegt wurde jedoch lediglich eine kleine Auswahl von konventionellen Produkten eines Lebensmitteldiscounters und zum Vergleich Bio-Produkte der Bio-Eigenmarke desselben Discounters. In einem anderen Beispiel verglich das Schweizer Bundesamt für Landwirtschaft im Jahr 2015 einen Warenkorb aus 25 Produkten, einmal in Bio-Qualität und einmal in Nicht-Bio-Qualität. Hier wurde errechnet, dass der Warenkorb für Bio-Lebensmittel etwa 50 % mehr kostet.

    Eine pauschale Antwort wäre in dieser Frage aber viel zu einfach. Die Preisdifferenz zwischen Bio und konventionell hängt vor allem vom Produkt ab

    Sind Bio-Produkte teurer als konventionelle Produkte?

    Die Preisdifferenz zwischen Bio und konventionell hängt vor allem vom Produkt ab.

    Viele Bio-Lebensmittel sind kaum teurer als vergleichbare konventionelle Produkte. Das trifft zum Beispiel auf Nudeln, Käse oder Feinkost zu. In der Fleischproduktion hingegen, in der mehrere kosten erhöhende Faktoren zusammenkommen, ist das Bio-Produkt bis zu viermal so teuer als das konventionelle.

    Zu beachten ist außerdem, dass sich Bio-Lebensmittel in der Regel durch eine hohe handwerkliche Qualität auszeichnen. Genau genommen sollten daher in einem fairen Preisvergleich höherwertige konventionelle Produkten betrachtet werden, die in der Regel auch teurer sind als die konventionellen Billigstprodukte. Für sehr spezielle Produkte wiederum gibt es womöglich gar nicht immer ein vergleichbares Produkt in Bio- bzw. konventioneller Qualität. Auch das schränkt die Vergleichbarkeit der Preise von Bio- und konventionellen Produkten ein.

    In der Betrachtung von Lebensmittel-Preisen und -Ausgaben ist weiterhin interessant, dass sich Bio-Konsumenten laut der Nationalen Verzehrsstudie II gesünder ernähren als konventionelle Esser und dass Bio-Konsumenten zudem sehr viel weniger der preisintensiven tierischen Produkte kaufen. Bio-Esser verzehren demnach weniger Fleisch- und Milchprodukte und sparen dadurch Geld ein. Die Debatte zum Thema Lebensmittelverschwendung lässt außerdem vermuten, dass Bio-Käufer weniger „zu viel“ einkaufen und also auch weniger Lebensmittel wegwerfen. Die nachhaltigere Lebensweise eines Bio-Konsumenten im Vergleich zum konventionellen Konsumenten gleicht also womöglich die Summe der Lebensmittel-Ausgaben aus. Bio muss also am Ende nicht teurer sein als konventionell.

    Was sind die gesellschaftlichen Kosten für konventionelle Lebensmittel?

    In der Studie “How much is the dish – was kosten uns Lebensmittel wirklich” von der Universität Augsburg wurde ermittelt, dass die Gesellschaft Kosten für Lebensmittel zahlen muss, die zusätzlich zu jenen Kosten anfallen, welche die Kunden an der Ladenkasse zahlen. Die von der Gesellschaft zu tragenden Zusatzkosten ergeben sich aus Umweltschäden, die im Produktions- bzw. Herstellungsprozess der Lebensmittel entstehen. Dazu gehören zum Beispiel Kosten für die Grund- und Trinkwasserverunreinigung durch Stickstoffeinträge aus der Landwirtschaft. Diese externen bzw. versteckten Kosten der Lebensmittel müssen gegenwärtig weder der Produzent noch der Konsument des jeweiligen Produktes übernehmen, sondern sie werden der heutigen und der zukünftigen Gesellschaft aufgebürdet. Und weil die Gesellschaft für diese Kosten der produktionsbedingten Umweltschäden aufkommt, können konventionell hergestellte Produkte im Laden zu einem niedrigeren Verkaufspreis angeboten werden. Die Lebensmittel kosten also an der Kasse weniger als ihre Produktion an Kosten verursacht hat. Die Bio-Produktion schont die Umwelt und bürdet der Gesellschaft weniger Kosten auf als die konventionelle Produktion von Lebensmitteln.

    Wie viel müssten konventionelle und Bio-Lebensmittel jeweils teurer werden, um die produktionsbedingten Kosten von Umweltschäden zu kompensieren?

    In der Studie “How much is the dish – was kosten uns Lebensmittel wirklich” von der Universität Augsburg wurde berechnet, um wie viel Prozent die Lebensmittel jeweils auf dem Preisschild teurer werden müssten, um die bisher nicht eingepreisten externen Kosten abzudecken. Hier die Ergebnisse:

    Quelle: „How much is the dish“, Studie der Universität Augsburg, 2018

    Preisaufschlag durch Einpreisung externer Kosten

    Konventionell

    Bio

    Tierische Produkte

    + 43%

    + 18%

    Milchprodukte

    + 32%

    + 12%

    Pflanzliche Produkte

    + 6%

    + 1%

    In die errechneten Preisaufschläge für konventionelle Produkte wurden noch nicht die Schäden bzw. Kosten einberechnet, die sich aus dem Einsatz von chemisch-synthetischen Pestiziden und von Antibiotika in der Tierhaltung ergeben. Sowohl chemisch-synthetische Pestizide als auch Antibiotika verursachen Schäden an der Umwelt und der Gesundheit. Wären die Kosten dafür mit in die Berechnung einbezogen worden, wären die errechneten Preisaufschläge für konventionelle Produkte noch einmal höher ausgefallen!

    Der Vergleich zeigt, dass konventionell hergestellte Lebensmittel um einen sehr viel höheren prozentualen Anteil teurer werden müssten als biologisch hergestellte Lebensmittel, wenn externe Kosten in die Ladenpreise eingepreist würden.

    Diese bislang versteckten Mehrkosten werden bisher auf die Gesellschaft umgewälzt. Wir alle müssen sie also zahlen!

    Generell jedoch ist der Ansatz nach den Mehrkosten der konventionellen Landwirtschaft in Geld zu fragen, sehr unzureichend bzw. untauglich in dem Bestreben alle Unterschiede zwischen konventioneller und biologischer Landwirtschaft abzubilden. Denn Klimawandel, Grundwasserverschmutzung, Bodenzerstörung und Artensterben lassen sich in ihrem Wert nicht sinnvoll bzw. nur sehr eingeschränkt in Geldsummen abbilden. Sinnvoll sind entsprechende Berechnungen aber insoweit, dass sie uns verdeutlichen, inwieweit unser Wirtschaften Mehrkosten verursacht, die nicht auf dem Preisschild im Laden abgebildet sind.

    Die Produktion von Bio-Lebensmitteln ist mit weniger Umweltschäden verbunden als die Produktion konventioneller Lebensmittel. Würden Kosten für produktionsbedingte Umweltschäden im Ladenverkauf eingepreist, müssten konventionelle Produkte deutlich teurer werden als Bio-Produkte.

    Die wichtigsten Fakten

    • Für den Kunden an der Kasse erscheinen biologisch hergestellte Lebensmittel teurer. Für die Gesellschaft, und zukünftige Generationen sind konventionell hergestellte Lebensmittel teurer.
    • Die Herstellung konventioneller Lebensmitteln verursacht in höherem Maße Umweltschäden und damit höhere externe Kosten von Lebensmitteln als die Produktion von Bio-Lebensmitteln. Diese externen Kosten muss die Gesellschaft und müssen zukünftige Generationen tragen.

    Meinung vom Experten

    Malte Reupert

    Userwertung:
     5/5

    Pestizid-Schäden, Bodenverarmung, Grundwasserverschmutzung, Klimawandel – für ein Weiter so wie bisher gibt es keine Rechtfertigung! Denn damit würden wir die Natur und also unsere Lebensgrundlage zerstören. Für die Land-/Wirtschaft wie auch für jeden einzelnen von uns gilt: Wir müssen uns der Not-wendigen Veränderung stellen! Das bedeutet, den einseitigen Blick von Geldwert und Geldbörse zu lösen. Es bedeutet, uns klar zu machen, was für uns und für folgende Generationen auf dem Spiel steht. Und es bedeutet, dass wir unsere Verantwortung als Konsumenten, Produzenten, als Mitarbeitende und als Entscheider endlich radikal annehmen. Konkret heißt das auch: Produkte nachhaltig zu erzeugen, nachhaltig zu konsumieren und entsprechende Preise dafür zu zahlen."

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