Das Risiko für die gesundheitlichen Folgen von Pestizidcocktails in der Luft ist unabsehbar. Daher muss auf europäischer Ebene dringend gehandelt werden. Dass wegen Pestiziden in der Luft gehandelt werden muss, belegt auch die Forderung der „Farm to Fork Strategie“ der EU, die eine Reduktion des Pestizideinsatzes um 50 % bis zum Jahr 2030 fordert. Für Notfälle können wir bestimmte Pestizide vorbehalten, aber grundsätzlich sollten wir daran arbeiten, bis zum Jahr 2035 in der EU schrittweise alle chemisch-synthetischen Pestizide zu verbieten. Im europäischen Pestizid-Zulassungsverfahren muss bis dahin der Ferntransport und die Kombinationswirkung unterschiedlicher Wirkstoffe stärker berücksichtigt werden. Die Initiative des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL), ein jährliches Monitoring über die Verbreitung von Pestiziden in der Luft durchführen zu lassen, ist überfällig. Allerdings muss sichergestellt werden, dass das Monitoring regelmäßig, flächendeckend und umfassend für alle Pestizidwirkstoffe – also auch für nicht zugelassene – durchgeführt wird.
Die Messungen wurden an insgesamt 163 Standorten in ganz Deutschland zwischen 2014 und 2019 durchgeführt.
Untersucht wurden Standorte im Umkreis von weniger als 100 bis hin zu mehr als 1000 Metern Entfernung von den potenziellen Quellen – in Städten und auf dem Land, in konventionellen und Bio-Agrarlandschaften sowie in unterschiedlichen Schutzgebieten. Die Daten wurden mithilfe von neu entwickelten technischen Passivsammelgeräten, aus Filtermatten in Be- und Entlüftungsanlagen von Gebäuden sowie durch Pestizidfunde in Bienenstöcken und Baumrinden erhoben. Unterstützt wurde die Studie von LandwirtInnen, ImkerInnen und interessierten Privatpersonen. Sie stellten die Pestizidsammler nach Anleitung der WissenschaftlerInnen auf und sendeten die Proben zur Auswertung ins Labor. In die Gesamtstudie flossen zudem Ergebnisse einer Untersuchung ein, bei der zwischen 2014 und 2019 Baumrinden auf Pestizide geprüft wurden.
WissenschaftlerInnen des Forschungsbüros „TIEM Integrierte Umweltüberwachung“ konnten unter anderem das von der Weltgesundheitsorganisation als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestufte Glyphosat in allen Regionen Deutschlands und weit abseits von Ursprungs-Äckern nachweisen. An rund drei Viertel aller untersuchten Standorte wurden jeweils mindestens fünf und bis zu 35 Pestizidwirkstoffe und Abbauprodukte von Pestiziden gefunden. Selbst auf der Spitze des Brockens im Nationalpark Harz waren 12 Pestizide nachweisbar. Insgesamt fanden sich deutschlandweit 138 Stoffe, von denen 30 Prozent zum jeweiligen Messzeitpunkt nicht mehr oder noch nie zugelassen waren.
Die ganze Studie ist zu finden unter: www.ackergifte-nein-danke.de