
Marco Gauger
- Expertengeflüster
Meeresbiologe;
Experte für Statistische Messmethoden
Werden Pandemien häufiger?
Der Meeresbiologe Marco Gauger beschäftigt sich mit statistischen Messmethoden und beantwortet hier die Frage ob die Wahrscheinlichkeit für Pandemien sinkt oder steigt. Was sind die Ursachen von Pandemien?
Die Wahrscheinlichkeit von Pandemien hängt davon ab wie sich die Faktoren verändern, die Pandemien begünstigen oder abschwächen.
Steigt die Wahrscheinlichkeit für Pandemien?

Folgende Faktoren erhöhen die Wahrscheinlicher für zukünftige Pandemien:
1. Steigende globale und lokale Mobilität. Krankheitserreger haben durch die hohe Kontaktdichte gute Möglichkeiten sich auszubreiten.
2. Massiver globaler Handel, auch mit Tieren. Der Austausch von Waren und insbesondere von Tieren erhöht die Ausbreitungschancen von Krankheitserregern.
3. Wachsende Weltbevölkerung. Die wachsende Anzahl von Menschen führt zu engeren Wohnverhältnissen, mehr Nähe, mehr Kontakten und geringeren Distanzen, die Krankheitserreger überbrücken müssen.
4. Fehlernährte, alternde, vulnerable Gesellschaften. Eine schlecht ernährte Bevölkerung ist anfälliger für Krankheiten. Übergewicht, Diabetes etc. haben auch schon bei Corona zu schwereren Verläufen geführt. Ältere Bevölkerungen sind ebenso anfälliger für Krankheitserreger.
5. Massentierhaltung. Wie das Beispiel von Nerzen in Dänemark gezeigt haben, oder wir im Rahmen der afrikanischen Schweinepest feststellt haben, erhöht sich durch die Massentierhaltung erstens die Übertragung der Krankheitserreger unter den Tieren und zweitens die Wahrscheinlichkeit, dass sich über diesen rasanten Übertragungsweg neue Varianten des Krankheitserregers entwickeln, die auf bestehende Medikamente oder Impfstoffe immun sind.
6. Eindringen in und Ausbeuten von Urwäldern einschließlich des Verspeisens von Wildtieren. Dies führt unter anderem zu einer wachsenden Wahrscheinlichkeit von Zoonosen (d.h. Übertragung eines Krankheitserregers, der bei einem Wirtstier in der Wildnis vorkommt auf den Menschen).
7. Antibiotikaresistenzen. Derzeit wird kaum an neuen Medikamenten gegen Bakterien geforscht. Die bestehenden Antibiotika wirken immer weniger, da durch die übermäßige Verwendung von Antibiotika immer mehr Bakterien gelernt haben Resistenzen aufzubauen. Sollte es einem resistent gewordenen Bakterium gelingen auf den Menschen überzuspringen und sich ähnlich effektiv zu verbreiten wie die Pest im Mittelalter, hätten wir auch heutzutage ein Problem.
8. Klimawandel. Die sich zum Teil drastisch verändernden klimatischen Bedinungen in manchen Regionen führen dazu, dass Krankheitserreger und ihre Wirtstiere in neue Regionen vorstoßen, wo noch nicht daran angepasste Lebensverhältnisse von Menschen zu einer weiteren Verbreitung führen (Beispiele hierfür sind Mücken und Zecken).
Es spricht daher viel dafür, dass die Menschheit in eine Phase mit häufiger auftretenden Pandemien eintritt.
Wie nennt man diese neuen Pandemien?
Diese nicht vorhersagbaren Ereignisse aus der Natur hat die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) als „grüner Schwan“ tituliert. Der Begriff ist angelehnt an die sehr unwahrscheinlichen und schwer bis gar nicht vorhersagbaren Ereignisse eines „schwarzen Schwans“. Als “schwarzen Schwan” gilt zum Beispiel die Lehman-Pleite, die die Finanzkrise 2008 ausgelöst hat. Zurück geht diese Bezeichnung auf Nassim Nicholas Taleb.
Bei diesen “grünen Schwänen” müssen wir in Zukunft aber mit erhöhten Wahrscheinlichkeiten rechnen. Wir wissen nicht woher diese kommen werden, aber die Voraussetzungen für weitere Pandemien haben sich erhöht.
Die wichtigsten Punkte
- Die Voraussetzungen für weitere Pandemien sind gegeben.
- Wann und wie diese Pandemien entstehen ist unklar.
- Man nennt ein solches unvorhersagbares Ereignis aus der Natur "grüner Schwan".
Meinung vom Experten
Marco Gauger

Die Corona-Pandemie gibt uns die Möglichkeit uns fit zu machen für weitere Ereignisse. Wann und wie sie eintreten wird keiner vorhersagen können. An den meisten der oben aufgeführten acht Einflussfaktoren können wir arbeiten. Corona müsste uns gezeigt haben, dass weniger Kontakt von jedem einzelnen, für alle mehr Freiheit bedeutet. Ob wir dieses solidarische Verhalten des individuellen Verzichts auf die großen Zukunftsthemen übertragen können, wird sich zeigen. Aber positiv ist schon mal, dass breiten Teilen der Bevölkerung klar geworden ist, dass die Corona-Pandemie durch die Erkenntnisse der Wissenschaft besiegt werden kann und die Politik diese wissenschaftlichen Stimmen zu entscheidenden Grundlagen ihrer Abwägungen erklärt. Denn wie Greta schon sagte: "Listen to science!".“
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